Gerichtsverfahren zur Entscheidung über die strittige Obsorge

Im Gerichtsverfahren zur Entscheidung über die strittige Obsorge geht es darum, welcher Elternteil die alleinige Obsorge für das Kind erhält. Dabei werden in erster Linie die Eltern selbst befragt. Kinder über 10 Jahren sind nach Möglichkeit anzuhören. In den meisten Fällen holt das Gericht auch einen Bericht des Jugendamtes und ein Sachverständigengutachten eines Kinderpsychologen oder Kinderpsychiaters ein. Die Gutachter prüfen das Naheverhältnis der Eltern zum Kind und dessen persönliche Verfassung.

Zeugen werden in diesem Verfahren nur ausnahmsweise gehört, etwa zum Beweis konkreter Missstände, wie z.B. der Vernachlässigung der Aufsichtspflicht eines Elternteiles.

Wesentlich bei der Entscheidung über die strittige Obsorge ist die Kontinuität der Lebensverhältnisse des Kindes. Lebt ein Kind schon längere Zeit bei einem Elternteil und wird es dort gut betreut und versorgt, ist in der Regel davon auszugehen, dass dieser Elternteil die alleinige Obsorge erhält. Der andere Elternteil hat nur dann eine Chance auf die Obsorge, wenn er wesentlich besser zur Wahrnehmung dieser Aufgaben erscheint, oder wenn das Kind dies wünscht.

Je länger das Kind bei einem Elternteil ist, desto geringer werden die Chancen für den anderen. Der andere Elternteil wird deshalb eine möglichst rasche Entscheidung des Gerichtes herbeizuführen versuchen, wohingegen der Elternteil, bei dem sich das Kind befindet, die Gerichtsentscheidung zu verzögern versuchen wird.

Kleine Kinder werden meistens in der alleinigen Obsorge der Mutter belassen. Bei größeren Buben hat der Vater bessere Chancen, die alleinige Obsorge für diese zu erhalten, vor allem wenn sie dies wünschen.

Kinder über 14 Jahren müssen bei der Entscheidung des Gerichtes in ihren Wünschen berücksichtigt werden.

Selbständiges Antragsrecht des Kindes

Minderjährige Kinder ab 14 Jahren können im Obsorgeverfahren selbständig vor Gericht handeln und Anträge an das Gericht stellen (§104 (1) AußStrG).

Kosten

Werden im Obsorgeverfahren Rechtsanwälte beigezogen, hat jede der Parteien unabhängig vom Verfahrensausgang ihre Anwaltskosten selbst zu tragen (§107 AußStrG).

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