Wie funktioniert Mediation und wie läuft sie ab?

Eine winzige Insel mit Kokosnüssen links – eine winzige Insel mit Bananen rechts – jeder sieht nur seine Winz-Insel und beide sind so im Handgemenge, dass sie völlig übersehen, welch herrliches Paradies mit Bananen, Kokosnüssen und anderen Köstlichkeiten geradeaus in der Ferne darauf wartet, von ihnen entdeckt zu werden.

(Anita von Hertel)

Der Moment einer neuen Lösungsidee des Konfliktes lässt sich nicht planen. Er lässt sich aber vorbereiten. Und er lässt sich fördern. Er stellt sich plötzlich ein, wenn die Konfliktlösungsbeteiligten soweit geleitet worden sind, dass sie einen Moment Abstand von ihrem Konfliktgegenstand nehmen und sich die Möglichkeit geben, in bisher ungedachten Bahnen zu denken.

Dieser Moment muss von der Mediatorin sorgfältig vorbereitet werden. Ihm gehen mehrere Phasen voraus:

Klärung der Rahmenbedingungen

Bevor in der Mediation auf Inhalte des Konfliktes eingegangen wird, werden zunächst die Rahmenbedingungen für den Mediationsprozess festgelegt. Diese schließen die Klärung des Auftrages an die Mediatorin ebenso ein wie die Festlegung der Bedingungen, unter denen die Parteien konstruktiv an der Lösung des Konfliktes mitarbeiten können.

Erläuterung der Situation – Liste der Themen

Jeder der Ehepartner kann sagen, was ihm oder ihr wichtig ist. Jeder hat genügend Zeit, um alles los zu werden, was bisher einer Konfliktregelung im Wege stand. Wut und Enttäuschung kommen dabei ebenso zum Vorschein wie Forderungen und gegenseitige Ansprüche. Erst wenn alles ausgesprochen ist und erst wenn die Ehepartner gehört werden, wird sich Beruhigung einstellen. Alle Themen, die dabei zur Sprache kommen, werden zunächst ohne Bewertung aufgelistet.

Positionen in Interessen verwandeln

Verhandlungen werden in der Mediation nicht auf der Basis der Forderungen und Ansprüche der Konfliktparteien (auf der Ebene ihrer Positionen) geführt, sondern auf der Grundlage ihrer Interessen und Bedürfnisse. Forderungen, Ansprüche, Positionen sind immer konkretisierte Interessen oder Bedürfnisse. Die Forderung nach mehr Unterhalt beispielsweise kann Ausdruck des Bedürfnisses nach materieller Sicherheit ebenso sein wie des Interesses, genügend Geld für Kinderbetreuung zur Verfügung zu haben, um den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu sichern.

Um eine Einigung bei unvereinbar erscheinenden Positionen zu erzielen, ist es notwendig, zuerst die alten Positionen zu verlassen, um die jeweiligen Interessen und Bedürfnisse dahinter finden zu können. Das Erkennen nachvollziehbarer Interessen stiftet regelmäßig Brücken der Versöhnung. Ein neues Verständnis der Beweggründe der anderen Seite wird geschaffen, das den Kampf um Positionen (und implizit um Schuld und Fehlverhalten) ablöst.

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